Der ehemalige Umweltminister Ihor Schewtschenko führte die Rangliste der ukrainischen Politiker mit den höchsten Ausgaben für politische Werbung auf Facebook an. Laut einer Studie der Chesno-Bewegung gab er im Jahr 2025 mehr als 8.500 US-Dollar für die Bewerbung seiner eigenen Publikationen aus. In bezahlten Beiträgen propagiert Schewtschenko radikale Thesen – von der Todesstrafe für korrupte Beamte bis zur Wiedereinführung des ukrainischen Atomprogramms – und testet die Stimmungslage hinsichtlich einer möglichen Präsidentschaft von Walerij Saluschny.
Die Chesno-Bewegung analysierte die Facebook-Werbekampagnen ukrainischer Politiker und fand heraus, wer für welche Beiträge am meisten ausgibt. Der Hauptverantwortliche entpuppte sich als der ehemalige Umweltminister Ihor Schewtschenko. Er schaltete ein Jahr lang gezielt Werbung über seine persönliche Seite und investierte dafür über 8.500 US-Dollar.
Diese bezahlten Beiträge beschränkten sich nicht auf herkömmliche PR. Schewtschenko setzte auf Slogans, die gezielt die Emotionen der Wähler ansprachen: die Todesstrafe für korrupte Beamte, die Ablehnung des europäischen Integrationskurses und die Rückgabe des Atomwaffenprogramms an die Ukraine. Eine weitere Strategie waren Beiträge mit Formulierungen wie „Zaluschny – der nächste Präsident?“. Analysten zählten mindestens fünf solcher Veröffentlichungen, die allesamt gegen Bezahlung erfolgten.
Gleichzeitig bewarb Schewtschenko Texte „über sich selbst“: seine Gedanken zur Kindererziehung, seine Haltung zur LGBT-Community und seine moralischen Einschätzungen verschiedener gesellschaftlicher Themen. Chesno vermutet, dass diese Strategie nicht nur darauf abzielt, Aufmerksamkeit zu erregen, sondern auch eine eigene, erkennbare Wählerbasis für eine mögliche Wahlteilnahme zu schaffen.
Der zweitgrößte Werbetreibende war Oleksandr Feldman, ein Abgeordneter aus Charkiw von der Gruppe „Wiederaufbau der Ukraine“ – mit über 6.000 US-Dollar. Seine Werbung konzentriert sich auf seine persönlichen politischen Positionen und die Aktivitäten des Feldman-Ökoparks. Gleichzeitig wird der Park von UAnimals wiederholt beschuldigt: Tierschützer werfen der Einrichtung vor, Tiere ohne die erforderlichen Genehmigungen und unter Verstoß gegen die Auflagen zu halten.
An dritter Stelle folgt der Vorsitzende der „Europäischen Solidarität“, Petro Poroschenko, mit Ausgaben von rund 6.100 US-Dollar. Seine Werbung funktioniert anders: Es geht weniger um ideologische Ultimaten als vielmehr um die Demonstration von Aktivität. Poroschenko verbreitet Videos und Beiträge über seine parlamentarische Arbeit, Wohltätigkeitsreisen, Unterstützung der Armee sowie Veröffentlichungen zum Sanktionsdruck gegen ihn.
Die Liste der aktivsten Werbetreibenden umfasst auch die Abgeordneten Larisa Bilozir und Oleksandr Kachura (jeweils rund 3.500 US-Dollar), den Vorsitzenden des Verteidigungsrates von Krywyj Rih, Oleksandr Vilkul, die Vorsitzende des Regionalrats von Chmelnyzkyj, Violetta Labazyuk, sowie Oleksiy Leonov und Pavlo Zhebrivskyi. Dies bestätigt, dass politische Werbung längst die Grenzen parlamentarischer Fraktionen überschritten hat und zu einem Instrument der persönlichen Selbstdarstellung in den Regionen geworden ist.
Die „Chesno“-Bewegung lenkt die Aufmerksamkeit auf einen weiteren Aspekt. Ein Großteil dieser Facebook-Anzeigen sieht formal nicht wie Wahlkampfwerbung aus. Es handelt sich entweder um die „persönliche Meinung eines Politikers“, eine „öffentliche Initiative“ oder ein „gesellschaftliches Thema“. Tatsächlich dienen diese Botschaften jedoch dem Imageaufbau, der Steigerung des Bekanntheitsgrades und der Erprobung der Reaktionen des Publikums auf bestimmte Themen. Es handelt sich also um einen sanften Start von Kampagnen ohne offizielle Ankündigung.
Facebook ist also nicht nur eine Plattform zur Selbstdarstellung ukrainischer Politiker geworden, sondern ein Feld, auf dem man unmittelbar erkennen kann, welche Ideen Anklang finden, wer darauf reagiert und wer zu einem treuen Wähler werden kann. Ihor Schewtschenko ist mit seiner Kombination aus radikalen Thesen und persönlicher Inszenierung bisher der teuerste Akteur in diesem Bereich.

