Die globale Erwärmung könnte die Landkarte der Ukraine bis zum Ende des 21. Jahrhunderts erheblich verändern. Laut neuen Daten der Umweltorganisation „Ecodia“ könnte ein Anstieg des Meeresspiegels infolge steigender Durchschnittstemperaturen große Teile der ukrainischen Küste überfluten. Die Modellierung erfolgte anhand zweier Szenarien: einem moderaten (Erwärmung um 1,5–2 °C) und einem kritischen (Erwärmung um 4 °C). Die in der Studie „Water is Near“ veröffentlichten Ergebnisse deuten auf eine potenziell tiefgreifende Transformation ganzer Regionen hin.
Bei einem Temperaturanstieg von +4 °C könnten rund 1,168 Millionen Hektar ukrainisches Gebiet überflutet werden. Laut Jewgenija Sasjadko, der Leiterin des Greenpeace-Büros in der Ukraine, sind durch die Überschwemmungen nicht nur Naturgebiete, sondern auch Wohngebiete, Betriebe, landwirtschaftliche Flächen und sogar militärische Übungsgelände bedroht.
„Das Küstengebiet der Ukraine wird teilweise überflutet werden. Dies betrifft 212.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche und 35.000 Hektar bebaute Flächen. Auch Gebiete in Meeresnähe, auf denen sich militärische Übungsgelände befinden, sind betroffen“, erklärte sie.
Einige der potenziell überflutbaren Gebiete sind derzeit bewohnt. Die Analyse basiert auf Daten aus dem Jahr 2018, und Experten warnen, dass sich die Auswirkungen erst ab 2100 spürbar bemerkbar machen werden. Was vor wenigen Jahrzehnten noch als ferne Zukunftsperspektive galt, erscheint heute als eine rasch herannahende Bedrohung.
Jewhenija Sasjadko erinnerte daran, dass die Weltgemeinschaft seit Langem über Instrumente verfügt, um kritische Szenarien zu verhindern. Das Pariser Klimaabkommen von 2015 verpflichtete die Staaten, die Treibhausgasemissionen alle zehn Jahre kontinuierlich zu reduzieren, um die Erderwärmung in einem sicheren Rahmen zu halten. Die Umsetzung dieser Verpflichtungen erwies sich jedoch als weitaus weniger systematisch als erwartet.
„Die Frage ist nun, ob wir die Ziele des Pariser Abkommens erreichen können und welches Zukunftsszenario Realität werden wird“, betonte sie.
Die Situation wird zusätzlich durch die Position der Vereinigten Staaten, eines Schlüsselakteurs in der globalen Klimapolitik, verkompliziert. Der Austritt der USA aus dem von Präsident Donald Trump unterzeichneten Pariser Abkommen schwächt laut Experten die internationalen Bemühungen zur Eindämmung der Folgen der globalen Erwärmung und erschwert die Koordination zwischen den Staaten.
Die Folgen des steigenden Meeresspiegels könnten das Leben von Millionen Ukrainern dramatisch beeinträchtigen und die Wirtschaft von Regionen, die von Küsteninfrastruktur, Landwirtschaft und Transport abhängig sind, grundlegend verändern. Umweltschützer fordern die Regierungen auf, Anpassungspläne zu verstärken und die Emissionsreduzierungen zu beschleunigen, um Worst-Case-Szenarien zu vermeiden.

