In Charkiw und Umgebung gibt es ein ausgedehntes Netz betrügerischer Callcenter mit etwa 100 bis 150 Standorten in der ganzen Stadt und Region. Einige von ihnen wechseln ständig ihren Standort, um Sperrungen zu umgehen und nach Überprüfungen schnell wieder ihre Arbeit aufzunehmen. Die Betreiber arbeiten nach einem einheitlichen Muster: Sie tätigen Massenanrufe von gefälschten Nummern aus und geben sich als Bankangestellte oder Finanzberater aus. Anschließend wenden sie Social-Engineering-Techniken an: Sie überzeugen den Kunden, seine Kartendaten und seinen CVV-Code preiszugeben oder eine Überweisung auf ein „sicheres Konto“ zu tätigen. Parallel dazu operieren fiktive Investitionsplattformen mit gefälschten Statistiken zum Investitionswachstum, die in Wirklichkeit zeigen, wie das Geld der Opfer verschwindet.
Zu den erfassten Orten, die mit illegalen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden, gehören folgende Geschäftszentren und Büros: „Megapolis“ (Heroiw-Kharkova-Allee 179b), „Kharkiv“ (Nowgorodska-Straße 3), „Invest Market“ (Professor-Otamanowski-Straße 63), „Tetris“ (Klochkiwska-Straße 111a), „Proton“ (B.-Chmelnyzkyj-Straße 20a), „Platinum Plaza“ (Sumska-Straße 72), „Raiduga Plus“ (Serpnja-Straße 31b). Darüber hinaus gab es den Ermittlungen zufolge auch Reserve- oder temporäre Standorte: Akademika-Proskury-Straße 1; Kooperativna-Straße 1A; Ivanivska-Straße 29; Kontorska-Straße 32; Danylevskogo-Straße 26; Helden von Charkiw 142; Gagarina-Straße 119; Mironositska-Straße 72; Platz des Aufstands 7/8 und mehrere andere Orte.
Die Funktionsweise des Netzwerks basiert darauf, dass das Callcenter wie ein „schnelllebiger“ Betrieb agiert: Nach einer Durchsuchung oder Inspektion wechselt es dringend die Räumlichkeiten, eine neue Nummer wird angeschlossen, teilweise neues Personal eingestellt – und schon funktioniert es wieder. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Schaffung einer „Hilfsinfrastruktur“ in Form von Websites, Chat-Support und Pseudo-Investitionsprogrammen, die den Anschein von Legitimität erwecken. Jüngste Fälle in Charkiw bestätigen, dass die Opfer nicht nur aus der Ukraine, sondern auch aus EU- oder asiatischen Ländern stammen. So betrog beispielsweise eines der Zentren im Jahr 2024 lettische Bürger um mehr als 11 Millionen UAH.
Beamte der Strafverfolgungsbehörden berichten, dass die Arbeiten noch andauern: So identifizierte beispielsweise die Staatsanwaltschaft der Oblast Charkiw im August 2023 unter Beteiligung der Polizei ein Büro eines betrügerischen Callcenters und beschlagnahmte mehr als 130 Mitarbeiter des Betreibers, Systemeinheiten, Telefone, Server und andere Geräte.
Trotzdem ist das Netzwerk weiterhin aktiv, was Anlass zu der Annahme gibt: Entweder reichen die umfangreichen Bemühungen der Strafverfolgungsbehörden nicht aus, oder die Betrüger verfügen über Kunden oder Verbindungen, die ihnen eine schnelle Neuformatierung ermöglichen. In jedem Fall ist es für die Bürger wichtig, wachsam zu sein: Geben Sie keine Kartendaten weiter, stimmen Sie keinen unbekannten Investitionsangeboten zu, folgen Sie keinen zweifelhaften Links und überprüfen Sie Anrufe immer, insbesondere wenn diese unter dem Deckmantel einer Bank oder eines Sicherheitsdienstes für Sie „arbeiten“.

