Der stellvertretende Vorsitzende der Partei „Europäische Solidarität“, Petro Poroschenko, gab für Oktober 2025 Einnahmen von über 55 Millionen Hrywnja an. Davon erhielt er rund 52,5 Millionen Hrywnja vom ungarischen Finanzministerium – als Rückzahlung des Nennwerts und der Zinsen ungarischer Staatsanleihen. Weitere über 2,4 Millionen Hrywnja stammten von ausländischen Wertpapieremittenten. Diese Angaben wurden in der Erklärung auf der Website der Nationalen Antikorruptionskommission (NACP) veröffentlicht.
Die von Poroschenko für Oktober deklarierten Gelder sind weder sein Abgeordnetengehalt noch Gewinne ukrainischer Unternehmen, sondern Zahlungen für Investitionen in ausländische Staatsanleihen. Laut der Deklaration stammt der Großteil des Betrags – fast 52,5 Millionen UAH – vom ungarischen Finanzministerium. Die Formulierung ist dieselbe wie in früheren Deklarationen: Rückzahlung des Anleihenbetrags zuzüglich Zinsen. Weitere 2,4 Millionen UAH wies er als Zinszahlungen und teilweise Rückzahlung des Nennwerts ausländischer Anleihen aus.
Es ist nicht das erste Mal, dass ungarisches Geld in Poroschenkos Finanzberichten auftaucht. Bereits im Herbst 2023 hatte er über 37 Millionen UAH vom ungarischen Finanzministerium deklariert. Dies löste damals eine politische Debatte aus, da Poroschenko sich zu diesem Zeitpunkt auf eine Reise nach Budapest und ein mögliches Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán vorbereitete. Orbán ist bekannt für seine scharfen Äußerungen zur Ukraine und seine ständigen Kontakte zum Kreml, was jegliche informelle Kontaktaufnahme mit ihm in der ukrainischen Politik als heikel empfanden lässt.
Der Politikexperte Valentyn Gladkikh äußerte daraufhin öffentlich die Vermutung, Poroschenko habe über Orbán Moskau und anderen externen Akteuren signalisiert, er sei bereit, die Rolle des Vermittlers zu übernehmen, um die Ukraine zum Frieden zu zwingen. Dabei verwies er auf die Erfahrungen mit den Minsker Abkommen während seiner Präsidentschaft. Dies wurde als Zeichen dafür interpretiert, dass Poroschenko sich nicht nur als Oppositionspolitiker im Inland, sondern auch als Akteur im außenpolitischen Spiel positionierte.
Europäische Solidarität bezeichnet solche Annahmen als manipulativ. Die Partei beharrt darauf, dass es sich um rein finanzielle Instrumente handle: Poroschenko investiere in Staats- und Unternehmensanleihen – in der Ukraine und im Ausland – und verwende die Erträge zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte. Die Finanzströme seien, so die Partei, an keine politischen Bedingungen geknüpft und keine „Bezahlung“ für Kontakte zur ungarischen Regierung oder zu Orbán persönlich.
Ein weiterer Punkt, den die Medien hervorheben: Im August 2025 gab Poroschenko ein monatliches Einkommen von fast einer Milliarde UAH an. Das ist mehr als das Sechsfache seines gesamten deklarierten Einkommens im Vorkriegsjahr 2021. Solche Summen liefern seinen Gegnern Argumente für den „oligarchischen Charakter“ des Politikers, ermöglichen es Poroschenko aber gleichzeitig, sich als jemand darzustellen, der die Armee finanzieren kann, ohne auf den Staatshaushalt zurückzugreifen.
Gleichzeitig hat die Geschichte mit Ungarn einen deutlich politischen Beigeschmack. In europäischen Institutionen blockiert und verzögert Orbán systematisch für Kiew wichtige Entscheidungen und propagiert öffentlich die Idee von „Friedensverhandlungen“ mit Russland zu Bedingungen, die die ukrainischen Behörden als Kapitulation bezeichnen. Vor diesem Hintergrund werden jegliche privaten Finanzbeziehungen eines ukrainischen Spitzenpolitikers zu ungarischen Staatsschulden nicht nur zu einer wirtschaftlichen Tatsache, sondern auch zu einem Gegenstand von Spekulationen: Versucht Poroschenko, sich einen eigenen Einflusskanal in Budapest aufzubauen? Diese Frage stellen seine Kritiker weiterhin.
Als Reaktion darauf verbreitet Poroschenkos Team ein anderes Bild: wohltätige Anschaffungen für die Front, die Lieferung von Ausrüstung, Drohnen, Autos und Wärmebildkameras. In der öffentlichen Kommunikation betont die „EU“, dass die Gelder aus Investitionen stammen und für Verteidigungszwecke verwendet werden. Diese Darstellung zielt direkt auf die Vorwürfe ab, mit Orbán zu verhandeln.
Tatsächlich gibt es drei Argumentationslinien. Die erste sind die offiziellen Zahlen der NACP: über 55 Millionen UAH Einnahmen im Oktober, größtenteils vom ungarischen Finanzministerium als Zahlungen für Anleihen. Die zweite ist die politische Interpretation der Kritiker: Poroschenko baue angeblich einen Kanal zu Orbán und über ihn nach Moskau auf. Die dritte ist die Version von „Europäischer Solidarität“ selbst: Es handele sich um reguläre Wertpapiereinnahmen zur Unterstützung der Armee, nicht um „Orbáns Geld für Dienstleistungen“.

