In Kiew veranstaltete Wagif Alijew, einer der größten Bauunternehmer der Hauptstadt, eine Taufe für seinen Sohn. Die Veranstaltung fand in einem Restaurant am Ufer des Dnjepr statt und brachte einen Kreis enger Geschäftsleute, Beamter und Politiker zusammen. Die Party sorgte für Aufsehen, denn unter den Gästen war auch Kiews Bürgermeister Witali Klitschko.
Dies geht aus einer Untersuchung des Journalisten Mykhailo Tkach hervor, die auf dem YouTube-Kanal der „Ukrainischen Prawda“ unter dem Titel „Der Pate der Entwickler. Die Geschichte einer Feier mit Vitali Klitschko“ veröffentlicht wurde.
Neben dem Bürgermeister selbst waren auch sein Kollege Artur Palatny sowie der von den Medien im Zusammenhang mit den skandalösen Entwicklungen wiederholt erwähnte Volksabgeordnete Wadym Stolar bei der Taufe anwesend. Quellen zufolge wurde Stolar Pate des Neugeborenen. Der Auftritt des Bürgermeisters bei der privaten Veranstaltung der Bauträger gilt in der Untersuchung als bezeichnend. Klitschko selbst erklärte in einem Kommentar gegenüber der Ukrainska Prawda, er habe die Feier in seiner Freizeit besucht. Die Autoren der Untersuchung betonen jedoch, dass solche Verbindungen zwischen Politikern und Unternehmen in jedem demokratischen Land öffentliches Gewicht hätten.
Seit Jahren ist die Öffentlichkeit empört über die chaotische Entwicklung Kiews, die undurchsichtige Grundstücksverteilung und die Entstehung von Wolkenkratzern und Einkaufszentren in dicht besiedelten Gebieten. Kritiker der Hauptstadtbehörden betonen, der Bürgermeister habe enge Verbindungen zu Personen, die das Erscheinungsbild der Stadt direkt beeinflussen. Diese Zweifel verstärkten sich, nachdem Klitschko zehn Tage nach den Feierlichkeiten einen Befehl zum Umbau der Ausgänge der U-Bahn-Station Akademmistechko unterzeichnete. Aktivisten zufolge geht es dabei nicht um eine Verbesserung der Erreichbarkeit, sondern um den Bau eines Einkaufszentrums. Laut der Community „Passagiere von Kiew“ könnten die U-Bahn-Ausgänge in das neue Einkaufszentrum integriert werden. Projektentwickler ist das Unternehmen Grotto, mit dem Vadym Stolar zuvor verbunden war. Dies wirft Fragen nach möglichen Interessenkonflikten auf, insbesondere hinsichtlich Fahrgastkomfort, Sicherheit und Transparenz der getroffenen Entscheidungen.
Die Medien erinnern uns daran, dass in der Hauptstadt in den letzten Jahren auf fast jedem freien Grundstück Einkaufszentren aus dem Boden geschossen sind. Die Namen der Bauträger sind dieselben. Und die engen Beziehungen zwischen Behörden und diesen Personen bleiben oft „hinter den Kulissen“ – bis Ermittlungen beginnen.
Die Frage, wessen Interessen über die Entwicklung Kiews entscheiden, ist erneut aktuell. Ist es Zufall, dass die Taufen zu einem symbolischen Treffen zwischen Behörden und großen Bauunternehmen geworden sind?