Wissenschaftler der Universität Kyoto haben ein einzigartiges Material entwickelt: im Labor gezüchtetes Holz, das pro Masseneinheit fester als Stahl und fünfmal leichter ist. Das innovative Material wird bereits als potenzieller Ersatz für Metalle und Beton im Bauwesen, im Transportwesen, in der Luft- und Raumfahrt sowie in anderen Bereichen in Betracht gezogen.
Das Material basiert auf Cellulose-Nanofasern (CNF), die aus pflanzlicher Biomasse wie Stroh, Sägemehl und landwirtschaftlichen Abfällen gewonnen werden. Die Fasern werden im Nanomaßstab verarbeitet, verdichtet und unter hohem Druck mit einem natürlichen, ligninbasierten Harz verbunden. So entsteht ein monolithischer Block mit hoher Dichte sowie Hitze- und Wasserbeständigkeit.
Das neue Material ist weder Sperrholz noch Verbund- oder Spanplattenmaterial. Es ähnelt eher biologischen Kohlenstofffasern, besitzt eine homogene Struktur und ist beständig gegen Verformung, Temperaturschwankungen und mechanische Belastungen. Experimentelle Proben zeigten eine Zugfestigkeit, die die von Baustahl übertrifft, bei einer um 80 % geringeren Masse.
Ein wichtiger Vorteil ist die Bearbeitbarkeit: Das Material kann gesägt, gefräst, gebohrt, lasergeschnitten und sogar 3D-gedruckt werden, ohne dass es seine mechanischen Eigenschaften verliert.
Die ersten Testumgebungen für CNF-Holz waren japanische Architekturbüros und Forschungslabore. Derzeit werden erdbebensichere Gebäude, Leichtbaubrücken und Wohnmodule entwickelt. Das Material absorbiert zudem Vibrationen und Lärm, was insbesondere in dicht besiedelten Städten von großer Bedeutung ist.
In der Automobilindustrie wird CNF in Motoren eingesetzt: Motorraumabdeckungen weisen eine Gewichtsreduzierung von 25 % und eine erhöhte thermische Stabilität auf, was Kraftstoffeinsparungen von bis zu 11 % und reduzierte CO₂-Emissionen ermöglicht.
Japanische Wissenschaftler haben gemeinsam mit JAXA den weltweit ersten Holzsatelliten, LignoSat, entwickelt, der in der Atmosphäre verglüht, ohne Metallreste zu hinterlassen, und damit das Problem der Weltraumverschmutzung löst.
Das aus landwirtschaftlichen Abfällen hergestellte Holz benötigt weder den Abbau von Erzen noch chemisch gefährliche Harze. Während der Produktion absorbiert das Material Kohlendioxid, ist biologisch abbaubar und umweltfreundlich.
Die japanische Regierung hat bereits ein milliardenschweres Programm zur Ablösung von Stahl und Beton in der öffentlichen Infrastruktur gestartet. Geplant ist der Einsatz von CNF-Holz beim Bau von Eisenbahnstrecken, Brücken, Modulhäusern und anderen Anlagen, um die Infrastruktur leichter, leiser und umweltfreundlicher zu gestalten.

