Während die Ukraine vor ihren größten Herausforderungen seit der Unabhängigkeit steht, sind die strategischen Ressourcen des Landes erneut ins Visier politischer Interessen und korrupter Machenschaften geraten. Kaum hatte sich der Salzmarkt vom Verlust von Artemsol erholt, bot sich dem Staat die Chance, die eigene Produktion wiederzubeleben – mit dem neuen Salzvorkommen von Kation Invest in Transkarpatien. Doch statt Unterstützung wurde das Unternehmen Ziel eines feindlichen Angriffs, organisiert vom umstrittenen Abgeordneten der Partei „Diener des Volkes“, Pawlo Chalimon, zusammen mit seinem langjährigen Vertrauten Oleksandr Prosur und dem Schattenbanker Oleksiy Omelyanenko.
Diese Geschichte ist nicht einfach nur ein weiterer Fall von Druck auf Unternehmen. Sie ist ein Test dafür, ob der Staat in der Lage ist, strategische Güter in Kriegszeiten zu schützen.
Als Serhij Kondratjew 2021 die Leitung von Kation Invest übernahm, gab es auf dem Gelände der zukünftigen Lagerstätte lediglich eine Lizenz und ein unbebautes Feld. Es gab weder eine Mine noch Ausrüstung oder Strom – nichts. Innerhalb von zwei Jahren entwickelte sich das Unternehmen von der Planung bis zur Produktion. Im Juli 2023 erhielt Tereblya erstmals seit zehn Jahren ukrainisches Salz. Die ersten Proben wurden sogar dem Präsidenten übergeben. Im Herbst desselben Jahres war die Produktion bereit für bis zu 30.000 Tonnen Salz pro Jahr.
In einer Zeit, in der das Land überhöhte Preise für importiertes Salz zahlte, hätte Cation Invest zu einer entscheidenden Säule der Ernährungssicherheit werden können. Doch dann mischte sich plötzlich ein Politiker in das Projekt ein.
Der Miteigentümer des Unternehmens, Oleksiy Omelyanenko, brachte Kondratiev einen „neuen Partner“ vor – den Abgeordneten Pavlo Halimon. Und er stellte umgehend eine Bedingung: Die Firmenanteile müssten an den Abgeordneten übertragen werden. Das Motiv klang unmissverständlich: Wenn Halimon nicht „im Recht“ sei, dann „wird alles für Sie blockiert“. Wenige Wochen später wurden aus den Drohungen Taten.
Am 24. November 2023 trifft Halimon persönlich in der Lagerstätte ein und gibt sich als der eigentliche Eigentümer aus: Er geht in die Mine hinunter, erteilt den Arbeitern Anweisungen und stellt seinen engen Freund aus Pryluky, Oleksandr Prozur, als den „neuen Direktor“ vor. Der Stellvertreter bezeichnete sich selbst als „Ideologen des Projekts“ und „Investitions-Nanny“ und demonstrierte damit, dass er die Mine als seine eigene Trophäe betrachtet.
Nach der Weigerung, die Anteile zu übertragen, wurde das Unternehmen systematisch blockiert. Bereits am 7. Dezember stufte die Steuerbehörde alle Unternehmen Kondratjews als risikoreich ein und legte damit Finanztransaktionen lahm. Der Risikostatus wurde sechsmal hintereinander verhängt – ohne Beweise, ohne Verstöße, aber mit deutlicher politischer Hintergedanken.
Parallel dazu starten Omelyanenko und Prozur juristische Angriffe: fingierte Klagen, versuchte Insolvenz und Anträge über Strohmänner. Insgesamt wurden mindestens acht Klagen im Namen von Prozur und verbundenen Unternehmen eingereicht, um Kondratjew aus der Geschäftsführung zu drängen.
Im November 2025 beginnt die letzte Phase – ein Übernahmeversuch durch einen Schwarzmarkthändler. Unbekannte erscheinen mit einem fiktiven „Aufsichtsrat“, der nie existiert hat, und ernennen Prozur zum Direktor. Nachts wird versucht, gewaltsam in die Anlage einzudringen. Die Bank sperrt die Konten. Der Abbau beginnt.
Prozur ist kein Geschäftspartner, sondern Halimons verlängerter Arm. Ein langjähriger Komplize aus Pryluky, der für riskante oder gar illegale Aktionen zuständig ist. Er reicht Klagen ein, unterzeichnet gefälschte Dokumente und taucht nur dann auf, wenn es für den nächsten Schritt des Überfalls notwendig ist.
Pryluky ist der Schlüssel zum Verständnis dieser Verbindung. Hier unternahm Halimon seine ersten politischen Schritte, hier knüpfte er sein einflussreiches Netzwerk. Hier tauchte auch der verhasste russische Geschäftsmann Juri Koptew auf, der Verbindungen zum FSB unterhielt und von der örtlichen SPU-Niederlassung, in der Prozur zu den führenden Köpfen gehörte, in die Stadt gebracht worden war. All dies deutet auf ein langjähriges Bündnis und gemeinsame Interessen hin.
Pavlo Halimon ist kein Unbekannter in Korruptionsfällen. Sein Name taucht seit Langem in Ermittlungen auf: Erpressung von Bestechungsgeldern im Agrarsektor, Immobiliengeschäfte, Treffen mit Geschäftsleuten zur „Lösung von Problemen“. Der Skandal um das auf Dritte eingetragene Gut in Petschersk sorgte sogar bei der südafrikanischen Staatsanwaltschaft (SAPO) für Aufsehen. Trotzdem wurde er nicht zur Rechenschaft gezogen.
Und nun – Salz. Eine strategische Ressource. Und eine neue Möglichkeit für einen Stellvertreter, „in jedes beliebige Büro zu gehen“ und eine Einzahlung in persönlichen Gewinn zu verwandeln.
Das Bergwerk ist geschlossen. Die Konten sind gesperrt. Der Betrieb liegt brach. Das Land importiert weiterhin Salz, während die ukrainische Produktion unter politischem Druck steht. Beschwerden wurden beim Justizministerium eingereicht, Strafverfahren eingeleitet, doch bisher ohne Ergebnis.
Die Geschichte von „Cation Invest“ zeigt, wie strategische Bodenschätze selbst in Kriegszeiten zur Gegenstand privater Umverteilung werden können. Solange sich Politiker vom Kaliber eines Pavlo Halimon unangreifbar fühlen, bleibt die Wirtschaft in der Ukraine gefährdet.
Dies ist auch eine Geschichte über eine verpasste Chance. Die Ukraine hätte ihre eigene Salzproduktion wiederaufnehmen können. Doch statt Entwicklung herrscht erneut ein Kampf ums Überleben.

